1/04/2013

Special Request: Black Cow (Steely Dan)

Manchmal können Wunschsongs eine gute Ausgangsbasis sein, um sich intensiv mit bestimmten musikalischen Zusammenhängen zu beschäftigen. So war es für mich beispielsweise mit dem heutigen Wunsch, der dazu geführt hat, dass ich Euch hier ein bisschen etwas über sog. "Slash-Chords" erzählen möchte, denn im Stück “Black Cow”, sowie in vielen anderen Songs von Steely Dan wimmelt es nur so von Akkordbezeichnungen wie C/G, D/E, Gmaj7/A etc.
Hier z.B. die 1. Strophe von Black Cow:


 Diese Akkorde nennt man “Slash-Chords” und ich möchte Euch hier kurz erläutern, wie man diese Akkorde liest und wie sie funktionieren.
Die Interpretation ist zunächst recht einfach - der Buchstabe links vom “Slash” (engl. = Schrägstrich) ist der Akkordtyp im Fall von C/G beispielsweise ein C-Dur-Akkord. Der Ton rechts vom Schrägstrich ist der Basston zum Akkord, d.h. C/G ist ein C-Dur-Akkord mit einem G im Bass. Für Gitarristen und Keyboarder  bedeutet dies, dass sie den Akkord so greifen müssen, dass der tiefste Ton ein G ist. Als Bassist ist bei Slashchords immer der rechte Ton zu spielen.

Nun gibt es zwei verschiedene Arten von “Slash”-Chords.

1. Slash-Chords, bei denen der Basston Bestandteil des darüber liegenden (Upper-Structure) Akkordes ist.

Beispielsweise besteht der D-Dur-Akkord aus den Tönen D-F#-A. Im Slash-Akkord D/A soll nun ein A als Bassnote zu dem Akkord gespielt werden. A ist Bestandteil des D-Dur-Akkordes und darum bezeichnet man diese Art des Slash-Chords auch als “Umkehrung” (Inversion). Es wird einfach ein anderer als der Grundton des Akkordes im Bass gespielt (in unserem Fall die Quinte A).



2. Slash-Chords, bei denen der Basston nicht Bestandteil des darüberliegenden Akkordes ist.
C/B ist ein Beispiel für so einen Akkord. Das B ist nicht Bestandteil des C-Dur Dreiklangs mit den Tönen C-E-G. Es wird in diesem Fall über den Basston B ein C-Dur-Akkord gespielt.

Die Anwendung für diese Akkordtypen

Hat man beispielweise folgende Akkordprogression Em-D-G, so kann man mit Hilfe von Akkordumkehrungen eine Art “Guideline” im Bass erzeugen, wodurch die Akkorde miteinander verbunden werden. Bei Em-D/F#-G bewegt sich der Bass schrittweise die Tonleiter hinauf und verbindet dabei die drei Akkorde.

Diese Bassläufe können auch mit der zweiten Version der Slash-Chords erzeugt werden, z.B. in der Akkordprogression C-C/B-Am, in der die Basslinie chromatisch abwärts verläuft. Mit C/B hat man sozusagen einen “Übergangsakkord” zwischen C und Am geschaffen. Auch chromatisch abwärts orientierte Bassläufe (Bass-Runs) sind möglich wie die Akkordverbindung G-G/F#-Em zeigt.

Ein schönes Beispiel für solche "Bass-Runs" findet sich im Intro zu "Deacon Blues":



Eine weitere Anwendung der Slash-Chords besteht in der Erzeugung eines sog. “Bass-Pedals”. Hierbei werden mehrere verschiedene Akkorde immer über denselben Basston gespielt, z.B.
E - D/E - C/E - A/E.

Steely Dan verwenden aber Slash-Chords noch aus einem weiteren Grund und zwar erzeugen sie damit klanglich sehr interessante Akkorde, die mit herkömmlicher Akkordbezeichnungen nur sehr umständlich zu beschreiben sind. Ein Beispiel dazu ist der Akkord der sich hinter dem Kürzel D/C verbirgt:



Wie Du siehst handelt es sich eigentlich ganz einfach um einen D-Dur-Akkord der mit dem akkordfremden Ton C als Bassnote gespielt wird (man sagt auch D über C). Bezogen auf den Basston C müsste man diesen Akkord in herkömmlicher Bezeichnung folgendermaßen deuten: C9/#11/13 (no 3rd, no 5th). Ihr seht schon welchen enorme Vorteil die Slash-Notation mit sich bringt.
Allerdings ist die Interpretation von Slash-Akkorden auch nicht so starr, wie bei der herkömmlichen Notation. Je nach musikalischem Kontext kann der Basston auch als Akkordton wahrgenommen werden, wodurch der Akkord D/C als D7-Klang in 3. Umkehrung interpretiert werden muss.





Gewöhnlich klingt D/C aber nur dann nach einem Akkord auf dem Grundton D, wenn er nach einem vorausgegangen D-Akkord gespielt wird, wie beispielweise in folgender Akkordverbindung: D - D/C - G/B.

Die Regel lautet also:
Ist der Basston Teil des “Upper Structure”-Akkordes, so ist der Grundton des “Upper-Structure”-Akkordes gleichzeitig der Grundton des Slash-Chords. Daher klingt C/E wie ein C-Akkord.
Ist der Basston nicht Teil des “Upper-Structure”-Akkordes (beispielsweise G/A, A ist kein Akkordton von G-Dur), dann analysiert man den Slash-Chord in Bezug auf den Basston (Ausnahme: siehe oben).
Auf diese Weise erhält man oft sehr offen klingende Akkorde, da diese normalerweise keine Terzen enthalten. Beispielsweise kann G/C wie ein Cmaj7-Akkord ohne Terz, aber mit None klingen, oder auch wie ein Moll(maj)7 ohne Terz mit None. Das Fehlen der Terz führt dazu, dass die Interpretation des Akkordes völlig vom musikalischen Kontext abhängt.

Alles in Allem ein sehr interessantes Konzept um neue spannende Klänge jenseits der übliche Akkorde zu erzeugen, doch nun genug der Theorie und zurück zum Song. "Black Cow" ist der erste Song des Albums "Aja" von 1977. Hier eine Live-Version:


Meine Transkription bezieht sich allerdings auf die Studio-Version des Songs:






Hier noch ein kurzes Video in dem Walter Becker und Donald Fagen über "The making of.. Black Cow" philosophieren:


So, jetzt bleibt mir nichts anderes mehr als mich für diesen wirklich anregenden Wunschsong zu bedanken und mich frisch inspiriert an die nächste Transkription zu setzen.

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